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Licht im Dunkel

Der Wetterbericht sprach von 3 Beaufort aus Ost und Sonnenschein, für die kleine Crew von TAHEHA die perfekten Voraussetzungen für einen schönen Segeltag.

Früher waren die Küstenabschnitte rund Rügen als Absprung für Reisen nach Dänemark und Schweden beinahe so etwas wie ein Hausrevier für sie, in diesem Jahr aber sollten nun die anderen Küstenbereiche von Mecklenburg erkundet werden.

Sie hatten die Häfen und die Altstadt von Rostock ausgiebig kennen gelernt und waren für einen Tag beim Gehlsdorfer Segelverein zu Gast gewesen. Jetzt aber lockte der Ostwind sie wieder hinaus.

Mit kleiner Fahrt fuhr TAHEHA in Richtung Warnemünde , vorbei an den großen Kaianlagen der Fähren nach Polen, Dänemark und Schweden, den Werften mit ihren Neubauten; an der neu erbauten Passagiermole ragten die hohen weißen Aufbauten von zwei Kreuzfahrtschiffen bis weit über die Mastspitze .

Und weiter ging die abwechslungsreiche Fahrt entlang der modernen Bauten der Marina Hohe Düne mit ihren vielen Gästezimmern, deren Balkone wie Schwalbennester an den Fassaden kleben, vorbei am Alten Leuchtturm und der durch ihre auffällige Konstruktion an die Berliner Kongresshalle erinnernde Strandhalle. In dem mit Fischkuttern, Ausflugsschiffen und vielen in Päckchen liegenden Segelbooten dicht besetzten Alten Strom wurde noch eine Hafenrunde gedreht und schon ging´s hinaus auf die offene See.

Lange Grundseen zwischen den Leuchtfeuern der Einfahrt ließen die Mukken an ihren Haken in der Pantry schaukeln und klappern. Bald waren die Segel gesetzt und der Wind hatte die Aufgabe übernommen, das Boot voran zu bringen.

Aus den vielen Strandkörben am Strand von Warnemünde lugten oft nur die Beine der Sonnenanbeter hervor; in den leichten Wellen, die verspielt auf den Sand liefen, suchten viele Touristen Abkühlung.

TAHEHA segelte an den steilen bewaldeten Küstenabschnitten der Stoltera entlang, und

allmählich wurden im leichten Dunst des späten Sommertages die weißen Villen von Deutschlands ältestem Seebad Heiligendamm, zwischen sandigen Strandabschnitten und dunklen Waldkanten sichtbar.

Hinter der Hafenmole von Kühlungsborn war eine große Anzahl von Masten zu sehen, was ahnen ließ, dass dieser neue Hafen sehr gut besucht war. Auf der weit in die See hinausreichenden Seebrücke, am sandigen Badestrand und auf der lang gestreckten Küstenmeile nutzten viele Urlauber das schöne Sommerwetter.

Dann zeigten kurze, kabbelige Wellen an, dass es recht angebracht war, entsprechenden Abstand zu den anschließenden Küstenabschnitten zu halten, deren Flachs bis weit in die See reichen.

Backbord voraus tauchte der Kirchturm von Rherik aus dem Dunst über dem Ufer auf, und bald lag der immer noch gesperrte Ufersaum der Insel Wustrow mit den leer stehenden Gebäuden eines Geisterdorfes querab.

Etwa 0,5 sm vom Ufer entfernt markieren gelbe Tonnen einen breiten Bereich unreinen Wassers.. Liegt hier immer noch Munition der schon vor längerer Zeit abgerückten russischen Soldaten ?

 

Die Natur hat sich einen Teil des noch schwach auszumachenden Flugplatzes zurück erobert und überall wachsen Büsche und kleine Bäume über einst geheimen Militäreinrichtungen.

 

Voraus wurden die Tonnen der schmalen und recht flachen Einfahrt ins Salzhaff und nach Rherik sichtbar, aber der Skipper entschied, bei diesem schönen Wetter weiter zu segeln Richtung Timmendorf.

Die Uferbereiche der Insel Poel zeigen auf, dass auch hier der Tourismus wieder ein Zuhause gefunden hat; viele Strandkörbe beim Schwarzen Busch, Sonnenschirme und Strandmuscheln am Strand von Timmendorf und überall die bunten Tupfen von Luftmatratzen und Badetüchern:

Urlaubszeit an der Ostseeküste

Recht außerhalb der Einfahrt zum Hafen von Timmendorf wurden die Festmacherleinen zurechtgelegt, die Fender an der Reling befestigt und alles klar zum Anlegen gemacht.

TAHEHA drehte sehr langsam in einem mehr als überfüllten Hafen eine kleine Hafenrunde. Hier war kein Platz zum Festmachen und an den 4-er Päckchen wollten sie nicht zusätzlich für unruhiges Liegen an langen Leinen sorgen.

Das hohe Ufer gleich außerhalb des Hafens versprach gute, gegen Ostwind geschützte Ankerplätze,

und so wurde entschieden, dort die Nacht zu verbringen.

Bald war das Eisen über Bord, und an langer Kette schaukelte TAHEHA in der leichten Dünung einem ruhigen Abend entgegen.

 

Mit zunehmender Dunkelheit hatte sich der Himmel im Westen mit zerzausten Wolken bedeckt und dunkle Cumulusbänke türmten sich, von der rot untergehenden Sonne angestrahlt, himmelhoch. Ein eindrucksvolles Schauspiel, bei dem der Skipper erst sehr spät bewusst wurde, dass der Wind um 180 Grad auf West gedreht und erheblich zugenommen hatte. Ein schweres Unwetter zog auf.

Plötzlich lag TAHEHA auf Legerwall. Die Ankerkette rutschte hörbar über den sandigen Grund und es dauerte nicht lange, bis der Anker auf Slip ging.

TAHEHA trieb in Richtung Ufer.

Nach mehreren vergeblichen Versuchen sprang der Diesel doch noch an. Langsam kam Fahrt ins Schiff, und die Ankerkette konnte eingeholt werden. Der Bug wurde gegen die nun doch schon recht hohen Wellen gerichtet und der Kurs auf das Innere der Wismarbucht abgesetzt.

Die Sicht war teilweise gleich Null, denn der Regen kam, vom stürmischen Wind mitgerissen, fast horizontal angeflogen und versteckte die Tonnen und Feuer in einem beinahe undurchdringlichen Dunkel.

Wo war der Hafen von Wismar?

Eigentlich kein großes Problem, wenn man besonders für unbekannte Gewässer die entsprechenden Seekarten an Bord hat. Aber gerade die fehlten!

Bei Tageslicht hatte sich der Skipper noch über die vielen Tonnen, Fest- und Richtfeuer gewundert, die offensichtlich ein Fahrwasser in Richtung Hafen begrenzten. Jetzt, bei Dunkelheit, war er auf seine Erinnerung angewiesen. Er wollte versuchen, dieses Fahrwasser, das irgendwo westlich liegen musste, zu erreichen.

Angestrengt suchten vier Augen nach den Tonnen, die, glücklicherweise mit Lampen versehen, auch bald aus dem Nichts auftauchten. In einem scheinbaren Durcheinander blitzten und blinkten mit unterschiedlichen Kennungen rote und grüne Lichter, wurden weiße Unter -und Oberfeuer sichtbar und dann strahlten voraus am Horizont viele Lampen durch das Chaos von Wellen und Regen.

Dort musste der Hafen sein!

Mit langsamer Fahrt schaukelte TAHEHA auf die Lichter zu und drehte im letzten Augenblick ab,

als das Wasser flacher und immer flacher wurde.

Von wegen Hafen: Eine Industrieanlage, von vielen Scheinwerfern erleuchtet, lag genau voraus und weit und breit keine Hafeneinfahrt erkennbar!

Inzwischen war es stockdunkle Nacht geworden. Wieder begann das Suchen nach den richtigen Tonnen am Rand des Fahrwassers und dem Weg in den ruhigen Hafen.

Wie aus dem Nichts erschienen hoch über TAHEHA die Umrisse einer Seebrücke an Steuerbord. Das dunkle Band einer Steinmole und davor ein Durcheinander von mehreren roten und grünen Feuern tauchte im Dunst auf.

Plötzlich leuchtete ein Scheinwerfer aus dem Dunkel der Mole auf. Offensichtlich hatte dort irgendjemand mitbekommen, dass da draußen eine Segelyacht ziemlich hilflos durch die Gegend irrte.Der Scheinwerfer beleuchtete das Ende der Mole und eine Einfahrt in einen Hafen. In der Dunkelheit konnte man schemenhaft viele Masten erkennen; hier war offensichtlich ein Sportboothafen.

Helfende Hände übernahmen die Festmacherleinen und bald schaukelte TAHEHA- als wäre nichts gewesen- ruhig zwischen den Dalben.

 

Am nächsten Morgen strahlte die Sonne wieder vom wolkenlosen Himmel, und die Crew musste feststellen, dass sie nicht im Hafen von Wismar gelandet war, sondern beim Yachtclub Wismar in Wendorf.

Von hier aus blickten sie auf die großen Hallen einer Werft und die Kirchturmspitzen über der Einfahrt in einen der Häfen der Stadt Wismar. Auf der anderen Seite konnten sie die lange Seebrücke des Seebades Wendorf und die mit Schwedenköpfen versehenen Dalben im Fahrwasser der weitläufigen Wismarbucht sehen. Im leichten Dunst verschwanden die Ufer der Insel Poel am Horizont.

Hier könnte man sich wohlfühlen....

Und als es sich später ergab, den Wohnsitz der Crew von Berlin in ein kleines Dorf in Mecklenburg Vorpommern zu verlegen, bestand kein Zweifel daran, dass TAHEHA im Yachtclub Wismar ein neues Zuhause gefunden hatte.

 

Bevor sich das alles so entwickelte, war der Skipper aber schon sehr schnell unterwegs gewesen, einen neuen Satz Sportbootkarten zu kaufen, in dem die Fahrwasser der Wismarbucht klar und deutlich eingezeichnet sind....

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